
Duo imPuls im Arnsberger Kunstsommer 2021
minimalBach – maximalMeer?
BACH – kennen wir? BACH mit MEERwert – unerhört! Jedenfalls: der Mehrwert dieser Produktion ist einzigARTig und gar nicht einfach zu beschreiben:
Versuch des Beginns einer Rezension: „Treffen sich zwei Genies…“ – nein, dieser Anfang passt nicht, denn das eine Genie schrieb sein „Wohltemperiertes Klavier“ 1722 und starb 1750, das andere kam 1979 zur Welt und zauberte gemeinsam mit Ehefrau und Klavierpartnerin Barbara (zusammen sind Sebastian Bartmann und sie „duo imPuls“) unfassbar vital auf der Bühne des Sauerlandtheaters an zwei Konzertflügeln.
Neuer Versuch: „Niemand braucht Hochseilakrobatik, aber wenn sie gekonnt geboten wird, schauen alle gebannt hin.“ Könnte schon eher gelingen: hier tanzen halsbrecherisch und mit virtuoser Sicherheit Töne auf Stahlsaiten, atemberaubend, fesselnd, geradezu bildhaft sichtbar – und das Publikum im erfreulich gut besetzten Saal verliert im Nu jegliche (Corona gebotene) Distanz und schaut gebannt zu, erfährt unerhörte Klänge wie ein Lebenselixier und niemand sortiert noch nach Kon- und Dissonanz, die Musik ist einfach da – Millionen Töne und nicht einer zu viel. Und wann hat man je so beredte Pausen gehört wie diese abrupten Breaks in vollem Lauf! Szenen eines noch nicht gedrehten Films.
Apropos „Klangästhetik“, letzter Versuch: was würde eigentlich Charles Gounod sagen, der sich mit einer romantisch „über“ ein (das!) Präludium von J. S. Bach hingehauchten Ave-Maria-Melodie (übrigens eine Improvisationsübung) seit 1852 in die Herzen unzähliger Hochzeitspaare und Hinterbliebener gesungen hat? Bei minimalBach fließen keine Tränen, gibt es keine Assoziationen zum Paradies, sondern solche zum prallen Leben, gibt es akustische Einblicke in die Klangwerkstatt nicht der Engel im Jenseits, sondern in die Tonschmiede eines außergewöhnlich, eben genial, begabten Musikerfinders im Diesseits. Und Sebastian Bartmann hat all das, was hier in 24 Episoden über die Bühne flimmert, nicht einfach aus Bachs großem Standardwerk herausgehört, sondern Wesentliches zu Bach beigetragen. Sein großartiges Werk, das er selbst bescheiden im lesenswerten CD-Booklet eine „Revision“ nennt will Bach nicht entlarven, enttarnen, ent-zaubern, wie so viele puristische Interpreten das oft eiskalt tun, sondern intelligent kommentieren, charmant be- und burlesk ver-zaubern. Bartmann IST ein Zauberer, er verdreht dem Publikum den Kopf, das Gehör, die Sinne.
Sebastian Bartmann historisiert und modernisiert nicht, er erfindet. Er jongliert nämlich die teils federleichten, teils dramatisch-schweren Originale mit dem artistischen Geschick eines Harlekins, mit der Kühnheit des goetheschen Zauberlehrlings und mir der Klugheit des ehrfürchtig betrachtenden Philosophen.
Bachs charakteristische Kompositionstechnik der „Fortspinnung“ kleinster Motive zu kunstvollem Gewebe nimmt Bartmann mit den Mitteln improvisatorischer Freiheit, ostinater Wiederholungen oder mobilisierender Beschleunigung unter die Lupe, vor das Stethoskop, er unterzieht das Gegebene kluger Analyse und Diagnose und navigiert es mit filigraner Behandlung durch seine eigene künstlerische Vita, seinen vielseitigen musikalischen Erfahrungshorizont, seine unbändige (von Partnerin Barbara kongenial erwiderte) Spielfreude.
Auch im 21. Jahrhundert schwer vorstellbar, welch gewaltige Rechenleistung ein Computer bräuchte um das hier gehörte Maß an Synchronisation, dynamischer Ausgewogenheit, rhythmischer Finesse, harmonischer Intensität, klangvoller Lebensfreude, kurz: an umfassender, vollkommener Musikalität zu erzeugen. Zwei gleichschwingende, völlig überein denkende und agierende Charaktere können dies. Und dieses Vermögen hat einen Namen: duo imPuls.
Für alle, die den Abend verpasst haben, gibt es einen Trost: minimalBach mit duo imPuls ist auf CD zu haben und wer www.duoimpuls.eu googelt, bekommt auch visuelle Eindrücke. Was unwiederbringlich ist: die sympathische Einführung in das gut einstündige Konzert, der inspirierende Einblick in eine Werkstatt aus Zeit und Raum durch den Komponisten selbst.
Nach langem Applaus gab es zwei Zugaben – ins Konzept passend VON Bach und ÜBER Bach – und spätestens da waren alle im Saal zwischen 8 und 80 überzeugt: wenn der Bach ins Mehr (!) fließt, verändert er Welten ohne seine Identität preiszugeben. Mehr davon!
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